Forenbetreiber haften für eingestellte Beiträge
Bis Mai 2006 nahm die Rechtsprechung einheitlich eine Haftung des Forenbetreibers für rechtsverletzende Postings seiner Mitglieder an. Dann entschied jedoch das OLG Düsseldorf, der Forenbetreiber könne sich einer Haftung entziehen (Urt. v. 26.04.2006, Az. I-15 U 180/05, abrufbar hier). Voraussetzung: der Autor des rechtsverletzenden Beitrags ist bekannt oder wird vom Betreiber des Forums bekannt gegeben. Dieses Urteil lag dem Bundesgerichtshof (BGH) nun zur Überprüfung vor.
Der BGH hatte in seiner Entscheidung (Urt. v. 27.03.2007, Az. VI ZR 101/06) demnach zu klären, ob und unter welchen Umständen der Betreiber eines Internetforums vom Verletzten für Forenbeiträge in Anspruch genommen werden kann.
Ausgehend von der Pressemitteilung des BGH (die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht) haftet der Forenbetreiber für rechtsverletzende Forenbeiträge auf Unterlassung, sobald dieser Kenntnis hat. Dies gilt selbst dann – im Unterschied zur Aufassung des OLG Düsseldorf -, wenn die Identität des Autors des rechtsverletzenden Beitrags bekannt ist.
Im Ausgangsfall ging es um zwei Einträge, die unter „Nicknames“ gepostet worden waren. Name und Anschrift des Autors waren nur in einem der beiden Fälle den Parteien bekannt.
Nach Auffassung des BGH kann der Forenbetreiber den Verletzen jedoch nicht auf den – bekannten – Autor verweisen. Vielmehr hafte auch der Betreiber ab Kenntnis der Rechtsverletzung auf Unterlassung, so der BGH. Das bedeutet, der Forenbetreiber muß einen als rechtsverletzend gerügten Beitrag aus dem Forum entfernen, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt und er über diese in Kenntnis gesetzt wurde.
Nicht durchsetzen konnte sich der Forenbetreiber vor dem BGH mit dem Argument, daß die Forenbeiträge Teil einer Meinungsäußerungsplattform seien. Insoweit wurde die in der Rechtsprechung gängige Abwägung, daß ein berechtigtes Interesse an der Aufrechthaltung einer rechtsverletzenden Äußerung nicht bestehen kann, anscheinend bestätigt. In diesen Fällen tritt das Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Grundgesetz hinter die schutzwürdigen Rechte des Verletzten, z.B. aus dem Persönlichkeitsrecht, zurück.
Der Forenbetreiber haftet damit neben dem eigentlichen Rechtsverletzer auf Unterlassung.
Diese Entscheidung stärkt die Rechte der durch Forenbeiträge Verletzten. Dadurch wird meines Erachtens angemessen berücksichtigt, daß sich die Rechte des Verletzten oft genug nicht durchsetzen lassen, weil der Verletzer im Ausland sitzt oder schon gar nicht identifiziert werden kann.
Manche Poster nutzen gar vorsätzlich die Anonymität, um andere Personen zu diskreditieren. Der Forenbetreiber wird demgegenüber durch die Haftung auf Unterlassen nicht übermäßig belastet.
Zum einen kann und sollte er durch entsprechende Nutzungsbedingungen die Teilnahme am Forum regeln, z.B. die Teilnahme nur registrierten Nutzern gestatten und im Rahmen der Registrierung die vollständigen Adreßdaten des Teilnehmers erfragen.
Zum anderen muß bei der Abwägung berücksichtigt werden, daß der Forenbetreiber durch das Bereitstellen des Forums erst die Möglichkeit eröffnet, Rechte verletzende Postings zu veröffentlichen. Eine ähnliche Betrachtung liegt vergleichbaren Fällen, wie etwa den E-Card-Fällen oder der Rolex-Entscheidung des BGH zugrunde, so daß sich ein deutlicher Trend für die Haftung für fremde Inhalte abzeichnet. Dies schafft Vorhersehbarkeit und ist zu begrüßen.
Das wird wohl auf Kurz oder Lang zum Aussterben von Foren ect. führen.
Wie soll ein Betreiber eines Forums was am Tag mehr als 2000 Besucher hat seiner Kontrollpflicht nachkommen? Das dürfte selbst einen arbeitslosen Webmaster schwerfallen. *Kopfschüttel*
@R.Brummer
Ich glaube nicht, dass ein Forensterben droht. Der Heise Verlag hat auf eine Entscheidung des OLG Hamburg hin auch sein Forum angepaßt und es läuft noch.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Die Haftung des Forenbetreibers geht auf Unterlassung und Beseitigung.
Für Auskunft und Schadensersatz muss er schon eigenverantwortlich etwas getan haben. Aber richtig ist auch – reagiert er auf den Hinweis eines Verletzten nicht, droht Ungemach – und das zurecht, wie ich meine. Dafür werde aber eigentlich nicht die Regeln der Justiz benötigt – die Netiquette enthält hier ein eigentlich ausreichendes Regelwerk.