Der 2. Korb der Urhebernovelle – ein Fortschritt?
Gestern wurde der seit etwa vier Jahren in der Diskussion stehende „zweite Korb“ der Urheberrechtsnovelle vom Bundestag beschlossen. Neben Änderungen wie beispielsweise die Streichung der „Fünf-Prozent-Deckelung“ bei den Pauschalabgaben für Urheber auf Vervielfältigungsgeräte, wird es zukünftig für den Urheber möglich über noch unbekannte Nutzungsarten zu verfügen. Ob hiermit auch gemeint ist, dass zukünftig sogenannte „Total-Buy-Outs“ möglich werden, d.h. der Urheber gibt – im Widerspruch zum 1. Korb der Urheberrechtsreform – seine gesamten Rechte insbesondere auch für noch völlig unbekannte Nutzungsarten auf, bleibt abzuwarten.
Die ursprünglich angedachte Bagatellklausel, wonach Urheberrechtsverstöße mit einem geringen Unwertgehalt gar nicht erst rechtlich verfolgt werden sollten, ist nun gänzlich vom Tisch. Wer einen Urheberrechtsverstoß begeht, muss nach wie vor mit teilweise empfindlichen Strafen rechnen nach dem Motto „Raubkopierer sind Verbrecher“.
Im Mittelpunkt der Diskussion über die Reform und ihren Nutzen steht derzeit die neue Regelung zur „Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven“. Zukünftig dürfen veröffentlichte Werke ausschließlich an dafür eigens eingerichteten elektronischen Leseplätzen öffentlich zugänglich gemacht und nur noch per Brief und Fax versendet werden.
Dies bedeutet höchstwahrscheinlich das „Aus“ für Dokumentenlieferdienste wie z.B. Subito. Diese Online-Dienste haben bislang jedermann mit Kopien von Zeitschriften- und Bücherauszügen schnell, unkompliziert und kostengünstig beliefert. In einem Urteil aus Mai 2007 hat das Oberlandesgericht München festgestellt, dass die Online-Bibliothek „Subito“ den digitalen Kopienversand nur noch zum ausschließlich wissenschaftlichen Gebrauch anbieten darf.
Aufgrund der Urheberrechtsreform werden zudem zukünftig Dienste wie Subito und Bibliotheken diese Dokumente nicht mehr per Email versenden dürfen. Dies bedeutet im digitalen Zeitalter ganz klar einen Rückschritt – vom digitalen Zeitalter zurück ins „Papierzeitalter“. Für Nutzer der digitalen Medien bedeutet dies zusätzlichen Mehraufwand, da die in Papier erhaltenenen Texte dann erst wieder eingescannt werden müssen, um sie praktikabel nutzen zu können. Festzustellen ist jedenfalls, dass mit dieser Reform ein Forschen, Veröffentlichen und Informieren – und damit die Wissensansammlung – keineswegs einfacher wird.
Dies kann nicht im Interesse der Urheber sein. Uns beschleicht das Gefühl, dass mit dem 2. Korb der Urheberrechtsnovelle allein die grossen Verlage zufrieden gestellt sind. Was meinen Sie – Fortschritt oder Rückschritt?
Ich persönlich empfinde die Veränderungen nicht als Verbesserung. Es ist klar, dass alle beteiligten Parteien ihre Interessen vertreten sehen wollen. Dennoch denke ich, dass die Rechtslage zu unklar ist, um sie sinnvoll und ohne Missverständnisse im Alltag anwenden zu können. Ich kaufe mir eine Musik CD, die ich für Freunde kopieren darf, aber nur sieben mal (ca.). Das darf ich aber schon wieder nicht, wenn ich damit einen „wirksamen“ Kopierschutz umgehe. Und zukünftig muss ich neben zivilrechtlichen Schritten auch mit einer Strafanzeige rechnen, wenn ich mir irgendetwas aus dem Netz lade. Als einem Ottonormalverbraucher kommt einem immer mehr das Gefühl „Ich handle besser so, als dürfte ich gar nichts“. Eine Vereinfachung – und zugegeben mehr Rechte für den Konsumenten – wäre es, was ich mir gewünscht hätte.
Dazu:
(05.07.07)https://blog.rechtsanwalt.com/2007/07/05/neues-urheberrecht-2007-gesetzentwurf-im-bundestag/
(10.07.07)https://blog.rechtsanwalt.com/2007/07/10/der-2-korb-recht-auf-die-privatkopie/