cm oder Zoll? Produktvergleichbarkeit als Ziel
Die Gesetzgeber sind sich europaweit einig: Es soll dem Verbraucher möglichst leicht gemacht werden, einzelne Produkte miteinander vergleichen und auf Basis dieses Vergleichs eine informierte Kaufentscheidung treffen zu können. Doch manchmal treibt dieser Grundsatz seltsame Blüten.
Tradition oder Bevormundung?
Noch ist die Umstellung der Leistungsangabe für PKW von Pferdestärken (PS) in Kilowatt (kW) nicht beim Verbraucher angekommen – obwohl der Handel schon seit Jahrzehnten verpflichtet ist, den kW-Wert anzugeben. Trotzdem sollen auch andere gewohnte Messeinheiten durch die sogenannte „gesetzliche“ Einheit verdrängt werden. Das betrifft beispielsweise die Größenangabe „Zoll“. Man kennt die Zoll-Angabe insbesondere bei PC-Monitoren oder auch im Sanitärbereich (Rohrdurchmesser etc.). Statt „Zoll“ ist nach der EinhV als Messeinheit „cm“ anzugeben.
Weil aber auch die EU erkannt hat, dass dies keineswegs dazu führt, dass der Verbraucher verschiedene Modelle eines Artikels besser miteinander vergleichen kann, sondern gerade das Gegenteil bewirkt wird, war im deutschen Recht und mit Segen der EU eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2009 in der „Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung“ (EinhV) enthalten. Diese erlaubte eine Doppelkennzeichnung. D.h. zusätzlich zur „gesetzlichen“ Einheit wie „cm“ durfte die gewohnte Messeinheit, wie „Zoll“, angegeben werden.
Mit Ablauf dieser Übergangsregelung hätten ab dem 01.01.2010 sämtliche Produkte, die unter das Einheitenzeitgesetz (EinhZeitG) und damit den Anwendungsbereich der EinhV fallen, nur noch mit der „gesetzlichen“ Einheit ausgezeichnet werden dürfen. Bei Verstößen hätten Geldbußen und die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen gedroht.
Noch rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode im Jahr 2009 wandelte die Bundesregierung jedoch durch Verordnung des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) vom 25.09.2009 die Übergangsregelung in der EinhV in eine unbefristete Regelung um. Händler müssen ihre Artikelbeschreibungen mithin nicht zum Jahresende umstellen, sondern können die Doppelkennzeichnung beibehalten. Dies kann im Sinne der Verbraucher nur begrüßt werden – bleibt dem Verbraucher auf diese Weise doch eben das möglich, was der Gesetzgeber gerade erreichen will: nämlich der Vergleich wesentlicher Produktmerkmale auf einen Blick.
Es fragt sich, warum überhaupt an den gewohnten Messeinheitenangaben gerührt wird. Dem Verbraucher dient es auf den ersten Blick nicht. Man muß aber sehen, dass selbst vermeintlich kleine Händler ihre Waren heute oftmals nicht mehr nur in ihrem Heimatland anbieten, sondern den Binnenmarkt für sich entdeckt haben. Warum nicht auch Kunden in Italien oder Irland bedienen? Genau deswegen lohnt es sich aber, ein europaweit einheitliches, verbindliches Messeinheitenangabensystem zu schaffen, dass nicht nur dem deutschen Verbraucher die Vergleichbarkeit der Produkte ermöglicht, sondern auch den europäischen Mitbürgern.
Zum Glück hat man gerade noch rechtzeitig erkannt, dass die bessere Vergleichbarkeit für alle nicht dazu führen darf, dass die Vergleichbarkeit auf nationaler Ebene durch die ungewohnten Messeinheiten verschlechtert wird.
Und wer weiß: Vielleicht setzt sich ja doch irgendwann kW gegen PS und cm gegen Zoll im Bewusstsein des Verbrauchers durch, so dass auf eine Doppelkennzeichnung verzichtet werden kann?
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