Datenschutz, Bankgeheimnis und Markenrecht – Update
Mit Urteil vom 21.10.2015 hat der BGH nun entschieden, dass Banken Auskunft zu Name und Anschrift eines Kontoinhabers erteilen müssen. Dazu ist nicht die Vorlage eines Beschlusses erforderlich. Das Bankgeheimnis muss an dieser Stelle hinter dem Markenrecht zurückstehen.
Was ist geschehen.
Der für den Vertrieb der Marke „Davidoff Cool Water“ Berechtigte Lizenznehmer hatte über ebay Markenverletzungen in Form von Plagiatsverkäufen, „Davidoff Hot Water“ beobachtet und verfolgt. Die gegenüber ebay verfolgten Auskünfte gingen aber letztlich ins Leere. Die Identität des Markenverletzers konnte nicht ermittelt werden.
Also wandte man sich an das kontoführende Kreditinstitut: eine Sparkasse.
Diese verweigerte die Auskünfte unter Verweis auf den Datenschutz und das Bankgeheimnis – zurecht, wie das erstinstanzlich zuständige Landgericht befand.
Markenrecht vs. Bankgeheimnis
Im Oktober 2013 legte der BGH als Revisionsgericht dem Europäischen Gerichtshof den Fall vor, da europäisches Recht anzuwenden und insoweit auszulegen war. Aus seiner Sicht kollidieren einerseits die berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten der Banken, die über ein Zeugnisverweigerungsrecht zivilprozessual geschützt sind, mit dem markenrechtlichen Drittauskunftsanspruch nach § 19 MarkenG.
Wichtig ist dabei, dass der Bundesgerichtshof erneut das Bankgeheimnis anerkannt und auch diesem den Rang eines Berufsgeheimnisses im Sinne des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zugestanden hat. Mitarbeiter der Kreditinstitute dürfen also grundsätzlich im Zivilprozess unter Bezugnahme auf diese Vorschrift ihre Aussage verweigern. Erst wenn der Geheimnisherr, der Kunde, sie entbindet, dürfen sie aussagen. Andernfalls läuft die Bank Gefahr anschließend in Regress genommen zu werden. Der Fall der Erben der Kirchgruppe gegen die Deutsche Bank dürfte als beispielhaft für einen solchen Regress stehen.
Welche Rechte wiegen also schwerer – das Markenrecht des Verletzten oder das Bankgeheimnis des Kreditinstituts (vgl. dazu unseren Beitrag vom Beitrag vom 28.07.2015)?
EuGH entschied am 16. Juli 2015 zugunsten der Marke
Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die dem deutschen § 19 Abs. 1 MarkenG zugrundeliegende Vorschrift der Richtlinie 2004/48/EG so auszulegen sei, dass eine nationale Vorschrift, hier der § 383 ZPO ihr dann entgegensteht, wenn diese es dem Berechtigten Bankhaus „unbegrenzt und bedingungslos gestattet, eine Auskunft“ nach Maßgabe jenes Artikels der Richtlinie zu verweigern.
Damit steht es dem deutschen Gesetzgeber frei, Begrenzungen und Bedingungen in die Regelungen zur Zeugnisverweigerung aufzunehmen, so dass dann durchaus Fälle der Zeugnisverweigerungen auch gegenüber Auskunftsansprüchen aufgrund der Europäischen Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums europarechtskonform werden können.
All dies hat das nationale Gericht zu prüfen – nicht der EuGH – so das höchste europäische Gericht.
Bundesgerichtshof entscheidet gegen das Bankgeheimnis
Mit diesen europarechtlichen Vorgaben hatte der BGH kaum mehr echte Entscheidungsalternativen und kam insoweit mit dem heutigen Urteil (21.10.2015) zwangsläufig zu dem eingangs dargestellten Ergebnis. Die Banken müssen Auskunft erteilen. Diese muss bei Vorlage der Bankverbindung, insbesondere des Kontos, Name und Anschrift des Inhabers umfassen.
Wörtlich heisst es in der Pressemitteiliung des Gerichts:
„Der Bundesgerichtshof hat auf dieser Grundlage nunmehr entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschrift des Kontoinhabers zusteht. Die Bestimmung des § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 MarkenG ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass ein Bankinstitut nicht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn das Konto für den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit einer offensichtlichen Markenverletzung genutzt wurde.“
Vorsicht: Diese Daten müssen selbstverständlich datenschutzrechtlich „sicher“ und „zulässig“ übermittelt werden, denn andernfalls laufen die Kreditinstitute Gefahr, sowohl von den betroffenen Kunden, als auch der Datenschutzaufsicht in Anspruch genommen zu werden. Denn gerade diese Daten, die Konto- oder Kreditkartenkontodaten enthalten, unterliegen im Falle der Einsichtnahme durch Dritte der Meldepflicht des § 42a BDSG (vgl. Datenpanne).
Auch im Vorfeld einer solchen Beauskunftung sollten angemessene Schutzmaßnahmen ergriffen, Prüfprozesse hinterlegt sein. Das Gericht hat die Verpflichtung zur Auskunftserteilung – laut Pressemitteilung, insoweit sind die Entscheidungsgründe noch vertiefend abzuwarten – für „offensichtliche Markenverletzungen“ ausgesprochen. Das könnte ein Fingerzeig dafür sein, welche Prüfungsanforderungen auf die Banken zukommen.
Hinweise und Kommentare zu diesem Urteil und dem Umgang damit sind ausdrücklich erwünscht!
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