Onlinemarketing unter Einsatz von Influenzern – Urteil zur Kennzeichnung als Werbung
Werbung unterliegt vielfältigen rechtlichen Regeln – auch für Social Media und Influencer Marketing. Insbesondere muss Werbung als solche gekennzeichnet werden. Sonst spricht man von Schleichwerbung. Das ist im Grundsatz auch bekannt und vielfach praktiziert. Im Onlinemarketing haben sich in den letzten Jahren jedoch manche dieser Regeln und vor allem ihre Anwendung und Auslegung verschoben, bzw. die Handelnden loten dies zum Teil bewußt aus. Nun gibt es seit Juni 2017 ein Urteil aus Celle, das hier Klarheit für die Werbung mit Influenzern schafft.
Konkret ging es um die Drogeriemarktkette Rossmann, die unter anderem über Blogger und verschiedene Social Media Kanäle auf sich und vor allem ihre Produkte aufmerksam macht. Das geschieht durch Posts und Beiträge insbesondere von bekannten und reichweite starken Bloggern bzw. Bloggerinnen.
Rossmann wurde vom Verband Sozialer Wettbewerb abgemahnt. Man einigte sich nicht auf und über eine Unterlassungserklärung, so dass ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet wurde. Das Landgericht Hannover erließ allerdings zunächst nicht die angestrebte Verbotsverfügung, so dass der Verband Sozialer Wettbewerb in Berufung ging. Nun war das Oberlandesgericht Celle zuständig, das die einstweilige Verfügung erließ und es Rossmann verbot,
im geschäftlichen Verkehr unter Einschaltung einer als Privatperson auftretenden Dritten, beispielsweise „[…]“, für kosmetische Produkte zu werben, ohne den geschäftlichen Zweck der Werbung für diese Produkte kenntlich zu machen, insbesondere zu werben
„An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #r. & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! @m. _r. Eyes: R. Y. S. S. Mascara & M. N. Y. The R. N. Lidschatten Palette
#blackfriyay #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent“
samt der Abbildung zweier weiblicher Unterarme mit Kosmetika und Schmuckstücken, wenn dies geschieht wie im Internet unter www.instagram.com gemäß Ausdruck vom 24. Januar 2017, Anlage A 3.“
Onlinewerbung mit Influenzern
Im vorliegenden Fall hatte der beauftragte Blogger eine Reicheweite von 1,3 Millionen Followern, um für Rossmann-Produkte zu werben. Das Gericht sieht diesen Blogger als „eine als Privatperson auftretenden Dritten“, der für Rossmann eine Werbehandlung vornimmt.
Er kennzeichnete seinen Post mit dem Hashtag #ad. Nach Auffassung der Richter genügt jedoch die bloße Aufführung dieses Hashtags allein nicht für eine ausreichende Kennzeichnung des Posts insgesamt als Werbung.
Dies ergebe sich aus den Umständen. Denn der Hashtag #ad befand sich lediglich auf Position 2 von insgesamt 6 Hashtags und war in keiner Art und Weise sonst hervorgehoben. Die Auflistung der Hashtags befand sich zudem am Ende des Postings. Daher äußerte das Gericht Zweifel, ob die Hashtags überhaupt von den Lesern zur Kenntnis genommen werden.
Das Posting wies auch sonst, so die Feststellungen, keine weiteren Hinweise auf, die es den Lesern, Verbrauchern, ermöglichten zu erkennen, dass es sich um Werbung handelt.
Entscheidend dürfte aber auch die Anforderung sein, dass für den Leser und Verbraucher auf einen Blick zu erkennen sein muss, dass es sich um einen Werbebeitrag handelt, so das Gericht.
In diesem Zusammenhang kommt es auf die konkrete Gestaltung des Postings an. Gerade für Instagram gelte an dieser Stelle, dass es auf die Gesamtumstände ankomme, d.h. auch auf die Gestaltung anderer Beiträge des Bloggers, seines Stils und seiner Gestaltungen. In Kombination mit den Wort- bzw. Sprachanteilen einschließlich verwendeter Hashtags komme das Gericht daher im vorliegenden Fall zu der Wertung, dass es sich um einen werblichen Beitrag handele und infolgedessen die Regeln des Werberechts – hier die Kennzeichnung als Werbung – anzuwenden seien.
Konsequenzen für die Zukunft
Aus dem Urteil lassen sich eine Reihe von Aspekten ableiten, wie Onlinewerbung über Postings und Beiträge von Influenzern gestaltet sein sollten. Natürlich sind zunächst die technischen Rahmenbedingungen näher zu betrachten. Dazu sind jedoch die Plattformen gefordert.
So ist es zu empfehlen, die Hashtags, gerade auch die Hashtags #ad, #advertisement oder #sponsored deutlich hervorgehobener präsentieren zu können, damit die Leser der Beiträge viel deutlicher diese zur Kenntnis nehmen können (und müssen).
Es scheint nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle zudem geboten, dass die Hashtags am Anfang eines Postings stehen und so viel wahrscheinlicher, dass sie auch wahrgenommen werden können.
Aber auch die Werbenden und Auftraggeber sollten sich mit Checkliste versehen im Onlinemarketing bewegen und ihre Auftragnehmer deutlich enger in die Pflicht nehmen, nicht zuletzt, um Haftungsfälle wie den vorliegenden Fall zu vermeiden. Denn natürlich wird die Werbung des Influenzers dem eigentlich wirtschaftlich begünstigten Unternehmen als Verantwortlichem für diesen Werberechtsverstoß zugerechnet.
Damit aber gebietet es die kaufmännische Sorgfalt, Compliance, hier enthaftende bzw. risikobeschränkende Maßnahmen zu ergreifen. Dazu bietet es sich an, den Auftrag konkret auf die Einhaltung auch der Regeln des Werberechts hin zu fassen. Es sollten Regreßmöglichkeiten vorgesehen und der nötige Informationsluss als Verpflichtung des Werbepartners mit aufgenommen werden.
Schließlich sind die Blogger und Influenzer selbst gefordert, sich mit einigen Spielregeln vertrauter zu machen und sich etwa darauf einzurichten, dass ihre Tweets und Blogs auch unter werberechtliche Betrachtung sorgfältig gestaltete sein sollten. Das vorliegende Verfahren macht doch an verschiedenen Stellen deutlich, dass die Autoren Gestaltungsspielräume haben, um eine Verurteilung zu verhindern.
Das Landgericht Hannover hatte zunächst den konkreten Beitrag noch so gewertet, dass
„eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks des Beitrags entbehrlich [sei], weil sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergebe.“
Dem folgte das Oberlandesgericht Celle gerade nicht, weil es aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus dem beanstandeten und den „benachbarten“ Postings und Beiträgen zum dem Schluss kam, dass es sich unzweifelhaft um Werbung handele, die dann auch gekennzeichnet werden müsse.
Was ist von der Entscheidung zu halten?
Sie weist den Weg, wie Influenzermarketing rechtlich zulässig möglich ist, welche Grenzen zu beachten, und welche Chancen der Gestaltung bestehen dürften, um möglicherweise tatsächlich kennzeichnungsfrei Postings zu veröffentlichen.
Das Urteil wird übrigens auch in der Bloggerszene selbst nicht nur kritisch gesehen – BasicThinking begrüßt es sogar ausdrücklich.
Wie ist Ihre Meinung, welches Fazit ziehen Sie, welche Empfehlungen geben Sie?
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