.eu-Domains – Warehousing und Qualitätssicherung
Trotz des enormen Erfolgs der vor gut einem Jahr eingeführten .eu-Domains – es wurden bisher mehr als 2,4 Millionen Domains registriert – sind eine Reihe von Problemen aufgetreten, die zum Teil bis heute nicht geklärt und beseitigt sind. Insoweit besteht seitens EURid Handlungsbedarf und die beteiligten Provider (Registrare) müssen sich auf Überraschungen und Umstellungen vorbereiten.
Dot EU …
Rechtliche Probleme hat die EURid im Hinblick auf die im Juli 2006 blockierten 74.000 Domains aufzuarbeiten. Wie EURid mitteilt (Download EURid Zwischenbericht 3/2006), ist noch nicht entschieden, ob die Blockierung zulässig war oder nicht. Die betroffenen Domains waren von insgesamt 400 Registrierstellen regelwidrig registriert worden. Die Registrare wehrten sich und konnten die vorläufige Aufhebung der Blockierung bewirken. Nach Angaben des Heise-Verlags hat der EURid-Jurist Herman Sobrie verlauten lassen, daß mit der Domainsperrung erfolgreich eine Verbindung der beteiligten Registrare aufgedeckt und Klage gegen eine Gruppe von mitwirkenden Registraren wegen verbotenem „Warehousing“ eingereicht worden sei.
Unter „Warehousing“ ist in diesem Zusammenhang die massenhafte Registrierung von Domains zum Zwecke der Weiterveräußerung zu verstehen. Eine solche Verkaufs- und Vertriebsaktion sei den Registraren jedoch nicht erlaubt, so Sobrie.
Probleme technischer Art handhabt EURid bisweilen ohne die wünschenswerte Transparenz. Als z.B. durch eine Verzögerung beim Update der Firmware der turnusmäßige Mini-Landrush (= Freigabe einer zuvor durch einen Sunrise-Antrag blockierten Domain zur allgemeinen Registrierung, siehe unten) nicht starten konnte, wurden die Registrare nicht sofort sondern erst Stunden später über diesen technischen Zwischenfall und die Verlegung des Freigabetermins informiert.
Die Prüfung (= Validierung) der Sunrise-Anträge ist übrigens mittlerweile abgeschlossen. Den Erwerb einer .eu-Domain konnte man als Inhaber eines Kennzeichenrechts (Marke, Geschäftsbezeichnung, etc.) in einer auf zwei Phasen aufgeteilten Sunrise-Period bevorrechtigt bis zum 6. April 2006 beantragen.
Die Voraussetzungen der Teilnahme an den Sunrise-Phasen hat die EURid jedoch kompliziert, detailverliebt und dennoch teilweise unklar geregelt. Es überrascht daher nicht, daß die Validierung der Anträge erst im Oktober 2006 beendet werden konnte. Schließlich mußte die Prüfstelle nicht nur den Bestand des behaupteten Kennzeichenrechts feststellen, sondern auch überprüfen, ob die zum Nachweis dieses Rechts eingereichten Unterlagen nicht mit einer Büroklammer zusammengehalten werden. Denn die Büroklammer hätte die Ablehnung des Registrierungsantrags zur Folge haben können.
Wurde ein Registrierungsantrag mangels Nachweises des Kennzeichenrechts zurückgewiesen und gab es keinen weiteren Bewerber für diese Domain, wurde die Domain nicht zugeteilt. Vielmehr kam eine solche Domain in die freie Verteilung (= „Mini-Landrush“). Seit dem 7. Juni 2006 verloste EURid wöchentlich durchschnittlich 1.000 eu.Domains (Download EURid Zwischenbericht 3/2006) aus der Sunrise-Period an den schnellsten Bewerber. Am 27.12.2006 fand nach Informationen von domain-recht.de die „eigentlich“ letzte Vergabe dieser Art statt. Seitdem kommen nur noch Domains in den Mini-Landrush, die nach einem ADR-Verfahren frei geworden sind.
Wer sich für eine durch Sunrise-Period oder ADR-Verfahren blockierte Domain interessiert, kann sich in der Domain-WHOIS informieren, ob (und falls ja wann) die Domain freigegeben wird.
Wenn die fragliche Domain nicht in die Verteilung durch den Mini-Landrush kommt, sondern dem Sunrise-Antragsteller zugesprochen wird, kann gegen diese Zuteilung das von EURid eingerichtete Schiedsverfahren (= ADR-Verfahren) eingeleitet werden. Diesen Weg sollte man – genauso wie den ebenfalls zulässigen gerichtlichen Weg – beschreiten, wenn man sich auf ein besseres Recht an dem Zeichen, dem die Domain entspricht, stützen kann. Deshalb sollte vor der Einleitung eines Verfahrens anhand von Marken- und Registerrecherchen und Bewertung der zusammengetragenen Ergebnisse durch einen spezialisierten Anwalt geklärt werden, mit welchen Erfolgsaussichten die Domainzuteilung angefochten werden kann.
Die aufgetretenen technischen Schwierigkeiten der EURid resultieren vermutlich nicht zuletzt aus der Masse der Registrierungsanfragen. Um die Ressourcen bei der Bearbeitung der Registrierungsanfragen zu schonen, hat sich EURid nach Angaben des Heise-Verlags einen Strafpunktekatalog für Registrare ausgedacht. Sobald 10 Punkte aufgelaufen sind, soll der Registrar für 24 Stunden von EURid gesperrt werden. Folge: der Registrar könnte in dieser Zeit keine Registrierungsanträge an EURid weiterleiten. Es fragt sich, ob die Registrare sich das gefallen lassen werden.
Der Belastung mit Strafpunkten steht eine Maßnahme der EURid zur Stabilisierung und Sicherung der Qualität der von den Registraren erbrachten Dienstleistungen gegenüber: es wird Ende März 2007 einen „Code of Conduct“ eingeführt.
Bis zum 19.02.2007 nimmt EURid noch Stellungenahmen zu dem veröffentlichten Entwurf des „Code of Conduct“ entgegen. Der Entwurf sieht unter anderem vor, daß der Registrar dafür Sorge tragen muß, daß die Angaben des Kunden, die später in der WHOIS abrufbar sind, richtig sind. Dies steht im Widerspruch zu der bisher bei den Registraren anderer TLD´s üblichen Regelung, z.B. der DENIC eG. Denn dort trägt allein der Kunde die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Daten. Stimmen diese nicht, droht ihm der Entzug der Domain durch den Registrar (§§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 2 f der DENIC-Domainrichtlinien). Dies scheint der EURid jedoch nicht zu genügen, da der drohende Verlust der Domain offenbar viele Domaininhaber nicht davon abhält, von vorne herein falsche Daten anzugeben oder Adreßänderungen nicht mitzuteilen. Mit welchen Mitteln der Registrar die Kundenangaben auf Richtigkeit überprüfen soll (Ausweiskopie, Meldebestätigung, Handelsregisterauszug oder oder oder), bleibt das Geheimnis der EURid.
Registrare, die den Verhaltenskodex unterzeichnen, dürfen sich mit einem Label der EURid schmücken. Überwacht werden soll die Einhaltung des Verhaltenskodex durch ein Aufsichtsgremium, dessen Mitglieder derzeit aus der Reihe der Registrare rekrutiert werden.
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